Bangkok

Bangkok, 14.11.2010: Leipzig? Kenne ich nicht!

 © Leipzig © Foto: Punnee AmornviputpanichLeipzig? Kenne ich nicht. – Dass meine Heimatstadt in Thailand praktisch unbekannt ist, hatte ich schon während des Aufenthaltes meiner Kollegin Punnee Amornviputpanich in Leipzig im September feststellen müssen.

Dabei hätte es die mitteldeutsche Metropole mit ihren mehr als 500.000 Einwohnern durchaus verdient, auch im über 8000 Kilometer entfernten Thailand ein wenig Aufmerksamkeit zu erregen. Immerhin beeinflussten Leipziger Köpfe – Menschen, die in der altehrwürdigen, fast 1000-jährigen Messestadt wirkten oder deutliche Spuren hinterließen – Kunst und Kultur in vielen Ländern, teils sogar die Weltgeschichte. Als einige wenige Beispiele seien da nur der Komponist Johann Sebastian Bach, der Dichter Johann Wolfgang von Goethe, der Quantenphysiker Werner Heisenberg, der Begründer des Protestantismus, Martin Luther, und der Philosoph Friedrich Nietzsche genannt. Etwas kühn kann sogar eine direkte Verbindung von Leipzig zu meiner jetzigen Gastzeitung Khom Chad Lueg konstruiert werden. Denn in Leipzig erschien im Jahr 1650 die erste Tageszeitung der Welt. Die "Einkommenden Zeitungen" verfügten über vier Seiten im Format von etwa 13,5 mal 17 Zentimetern. Die etwa 200 Exemplare pro Ausgabe erschienen immerhin sechsmal pro Woche. Vater der ersten Tageszeitung der Welt war der Leipziger Drucker und Buchhändler Timotheus Ritzsch (1614–1678), der die Mutter aller Tageszeitungen in Metall-Lettern setzte und per Hand auf einer hölzernen Druckerpresse druckte.

Die Leipziger Volkszeitung (LVZ), für die ich nun seit über 15 Jahren arbeite, gehört zu den ältesten praktisch ununterbrochen erscheinenden deutschen Tageszeitungen, am 1. Oktober 1894 wurde sie zum ersten Mal verkauft. Als einer der ganz wenigen Zeitungen wurde ihr während der Teilung Deutschlands von 1945 bis 1989 in die demokratische Bundesrepublik Deutschland (BRD) und die unter starkem Einfluss der Sowjetunion stehenden sozialistischen Deutsche Demokratische Republik (DDR) kein kommunistischer Name verordnet und konnte so seit ihrer Gründung immer mit dem selben Namen herausgebracht werden.

Heute zählt die LVZ zu den größten deutschen Tageszeitungen. Sie erscheint in einer Auflage von knapp 220.000 Exemplaren und gehört zur Verlagsgruppe Madsack, unter deren Dach unter anderem die Hannoversche Allgemeine Zeitung, die Freie Presse (Hannover), das Göttinger Tageblatt, die Ostsee-Zeitung (Rostock), die Lübecker Nachrichten und die Kieler Nachrichten erscheinen. Wobei die LVZ die mit Abstand größte Zeitung des Medienkonzerns ist.

Und eine weitere Verbindung zwischen Leipzig und Thailand ist hier wie da weitgehend unbekannt: Beide verfügen über ein Werk des deutschen Automobilherstellers BMW, wobei der 3er BMW in beiden Werken zusammengeschraubt wird. Bereits meine ersten Tage in Thailand machten deutlich: Die Beziehungen – wirtschaftlich wie kulturell – zwischen beiden Ländern sind deutlich größer als allgemein wahrgenommen (siehe auch nebenstehenden Beitrag). Vielleicht trägt ja auch mein Aufenthalt in Bangkok im Rahmen des Austausch-Projekts "Nahaufnahme" des deutschen Goethe-Institutes ein bisschen dazu bei, dass mehr Thais "Leipzig? Das ist doch die Stadt mit ..." auf die entsprechende Frage antworten können.

Martin Pelzl
veröffentlicht am 14. November 2010 in Kom Chad Lueg.

Nahaufnahme Weblog

Wie sieht eine litauische Journalistin Bonn? Und was fällt einem Düsseldorfer Redakteur in Budapest auf? Aktuelle Eindrücke im Journalistenblog.